Objekt des Monats: Das lederne Etui
Manchmal kommen fotografische Schätze auf unerwartetem Wege zu uns. Ohne umfassende Hintergrundinformationen bleibt uns oft nur, aus den Bildern selbst Hinweise auf ihre Entstehung zu entnehmen. Ein besonders faszinierendes Objekt haben wir für den Juni ausgewählt: ein kleines ledernes Etui, möglicherweise aus Elefantenhaut, das eine Vielzahl an kleinformatigen Negativen enthält und durch eine Schenkung in unseren Besitz gelangt ist.
Das beispielhaft ausgesuchte und hier gezeigte Negativ, das wir mittels digitaler Bildbearbeitung teilweise in ein Positiv umgewandelt haben, trägt die Nummer 80 und wird im Inhaltsverzeichnis als Aufnahme aus Venedig geführt. Es zeigt mehrere historische Gebäude, aufgenommen vom gegenüberliegenden Ufer eines Kanals. Am unteren Bildrand sind zwei venezianische Gondeln zu sehen, die darauf zu warten scheinen, die nächsten Touristen zu befördern. Das Bild hat ein Format von 6 x 8 cm und stammt wahrscheinlich von einem damals gängigen Rollfilm, möglicherweise aufgenommen mit einer Faltkamera, die zu dieser Zeit weit verbreitet war.
Die Qualität dieser und der anderen Aufnahmen lässt vermuten, dass sie nicht von einem reinen Hobbyfotografen stammen. Wer die Aufnahmen gemacht hat, bleibt jedoch unklar. Auch die handschriftlichen Eintragungen auf den vorderen Seiten des Etuis geben keinen Aufschluss über die Identität des Urhebers, stattdessen verraten sie, dass die Aufnahmen im Frühjahr 1925 während einer Italienreise entstanden sind. Dabei sind verschiedene Städte bereist worden, unter anderem Venedig und Florenz.
Als Objekt des Monats ist diese kleine Negativsammlung nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch historisch bedeutsam. Fast ein Jahrhundert alt, bieten die Aufnahmen eine wertvolle Grundlage für architektonische Studien in Venedig und anderen italienischen Städten. Sie laden dazu ein, in eine vergangene Zeit einzutauchen und die Schönheit sowie die Geschichte dieser Orte durch die Linse eines unbekannten Fotografen neu zu entdecken.