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  • „Plastische Schwingung IV“

Peter Keetman
Leben und Werk

Was die Fotografie mir erschließt, sind Gesetze und Schönheiten. Je tiefer ich fotografierend in die Materie eindringe, um so größere Welten tun sich auf.

Peter Keetman 1951

Das Werk Peter Keetmans (1916-2005) nimmt einen zentralen Platz in der fotografischen Nachkriegsmoderne Deutschlands ein. Wie es der Titel der Retrospektive Gestaltete Welt  aus dem Jahr 2016 zum Ausdruck bringt, führt es zwei zentrale Strömungen zusammen. Auf der einen Seite den modernistischen Willen zur Form, zur Gestaltung, zum Experiment und zur Abstraktion, auf der anderen Seite einen humanistischen Weltbezug und die Hinwendung zum Wiederaufbau, zur Stadt, zur Natur, bis hin in ihre elementaren Bausteine. Zwei Strömungen, die im Werk Keetmans fließend ineinander übergehen.

Untrennbar verbunden mit Fotografie und Biografie Keetmans sind aber auch die deutsche Geschichte und der Zweite Weltkrieg, aus dem Keetman als Invalide zurückkehrt.

Ende der 1940er Jahre gehört Keetman zu den jungen Wilden der Gruppe fotoform, die, inspiriert von den Experimenten der Vorkriegsavantgarden, eine neue Sprache der Fotografie entwickeln wollen, basierend auf formaler Reduktion, auf der gestalterischen Kraft des Lichts und der Subjektivität individueller Welterfahrung. Zusammen mit Otto Steinert und den anderen Mitstreitern von fotoform steht Peter Keetman für den Aufbruch der Fotografie.

Peter Keetman entkommt jeglichem Formalismus, indem er auf vielen Feldern der Fotografie tätig ist – den Wiederaufbau Münchens festhält, die verborgenen Strukturen von Landschaft und Naturerscheinung herausarbeitet, in den kleinsten Details das Spiegelbild des großen Ganzen entdeckt und die Dynamik der Wirtschaftswunderzeit in abstrakte Bilder übersetzt. Besonders hervorzuheben ist seine Serie im Wolfsburger Volkswagenwerk von 1953 sowie seine „Schwingungen“ – Keetmans großartige Signatur im Geschichtsbuch der experimentellen Fotografie. Aber auch das spannende Ineinandergreifen von freier Fotografie und angewandtem Auftrag ist Gegenstand seines Œuvres, das uns eine zentrale Figur der Nachkriegsfotografie in ihren vielen Facetten entdecken lässt.

Die Stiftung F.C. Gundlach hält wesentliche Teile des Nachlasses und die Bildrechte Peter Keetmans, das Museum Folkwang das Negativ-Archiv, Arbeitsabzüge sowie frühe Ausstellungsabzüge.

Gesetzmäßigkeit und Schönheit – zwischen diesen beiden Polen entspinnt sich das umfangreiche und vielfältige Lebenswerk Peter Keetmans. Sie definieren seinen Blick auf die Welt und bestimmen seine Bildsprache: Mit einfühlsamen, poetischen Aufnahmen, die zugleich grafisch streng und gestalterisch hochmodern sind, wurde er einer der bahnbrechenden Fotografen der 1950er und 1960er Jahre. Sein fotografisches Sehen, sein gestalterischer Wille, mit dem er die Bildfläche als Ausschnitt der Wirklichkeit in Linie, Fläche und Struktur gliederte, sein analytischer Blick und seine handwerkliche Präzision zeichnen Keetmans Aufnahmen aus. Sein prägender Einfluss auf die Fotografie ist bis heute zu spüren.

Sebastian Lux, in: Peter Keetman – Gestaltete Welt, Steidl Verlag Göttingen 2016

Vita

  • April 1916: in Wuppertal-Elberfeld als Sohn des Bankdirektors Alfred Keetman geboren

  • um 1926: erste eigene Kamera, eine Goerz Tenax Balgenkamera für 6 x 9 Zentimeter Glasnegative

  • 1932: Umzug nach Prien am Chiemsee

  • 1935 bis 1937: Studium/Grundausbildung an der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München bei Hanna Seewald und Hans Schreiner

  • 1937 bis 1938: Assistenz bei der Industrie- und Portraitfotografin Gertrud Hesse in Duisburg

  • 1939 bis 1940: Assistenz im Atelier für Industriefotografie Carl Heinz Schmeck in Aachen

  • 1940: Einberufung zum Kriegsdienst

  • 1940 bis 1944: Soldat bei den Eisenbahn-Pionieren

  • Juni 1944: schwere Verwundung in Nadworna (heutige Ukraine), Verlust des linken Beins

  • 1947 bis 1948: Meisterkurs an der Bayerischen Staatslehranstalt für Lichtbildwesen in München

  • 1948: Meisterkurs bei Adolf Lazi in Stuttgart, gemeinsam mit Wolfgang Reisewitz beteiligt an den Vorbereitungen zur Ausstellung Die Photographie 1948 im Stuttgarter Landesgewerbemuseum

  • 1948: Ernennung zum 1. Assistenten der Meister-Nachwuchs-Gruppe der Stuttgarter Photographischen Gesellschaft 1947

  • ab 1948: Tätigkeit als freiberuflicher Fotograf

  • August 1949: Aufnahme in die Freie Arbeitsgemeinschaft junger Photographen (ab 17. September 1949 fotoform)

  • 1950: Beginn der freien Zusammenarbeit mit den Gebrauchsgrafikern Michael Engelmann und Rainer Michelfelder unter dem Namen werbeform

  • ab 1950: regelmäßige Veröffentlichungen in allen maßgeblichen deutschen Fotozeitschriften und in Magazinen für Gebrauchsgrafik, Teilnahme an zahlreichen Gruppenausstellungen, Tätigkeit für Werbung und Industrie

  • 1951: Umzug nach Breitbrunn am Chiemsee

  • 1952: Urkunde für hervorragende Leistungen, Weltausstellung der Photographie, Luzern

  • 7. bis 9. April 1953: die Serie Eine Woche im Volkswagenwerk entsteht

  • ab Mitte der 1950er Jahre: Arbeit an Industrie-Reportagen und für die kulturhistorischen Bildbände des Thorbecke Verlags

  • 1956: Auszeichnung mit einem Diplom, Photokina, Köln

  • 1957: Keetman wird Mitglied der GDL (Gesellschaft Deutscher Lichtbildner)

  • 1958: Auszeichnung mit einem Diplom, Photokina, Köln

  • Ende der 1950er Jahre: Beginn der Zusammenarbeit mit dem Grafiker Nikolai Borg

  • 1969: Berufung als Ehrenmitglied in den BFF (Bund Freischaffender Foto-Designer)

  • 1969 bis 1974: mehrere Fotostrecken zum Orff-Schulwerk

  • 1994: Umzug nach Marquartstein am Chiemsee

  • 1981: Auszeichnung mit der David Octavius Hill-Medaille der DFA (Deutsche Fotografische Akademie)

  • 1991: Verleihung des Kulturpreises der DGPh (Deutsche Gesellschaft für Photographie)

  • 1. März 2005: Keetman stirbt in Marquartstein

Einzelausstellungen / Auswahl

  • 1961: Staatliche Landesbildstelle, Hamburg

  • 1980: Peter Keetman (fotoform), galerie photo art basel Anita Neugebauer

  • 1981: Peter Keetman GDL, Fotomuseum im Stadtmuseum München

  • 1982: Peter Keetman. Photographien, PPS Galerie F.C. Gundlach, Hamburg

  • 1982: Peter Keetman. Photographien, CCD Galerie Düsseldorf

  • 1982: Ausstellung mit Fee Schlapper, Benteler-Galleries, Houston, Texas

  • 1984: Ausstellung mit Toni Schneiders, Riverside, Kalifornien

  • 1986: Volkswagenwerk, Galerie voor industriele Vormgeving. Amsterdam

  • 1987: Peter Keetman, Lichtbild Galerie, Ingolstadt

  • 1988: Foto – Peter Keetman – Form, Galerie für Kunstphotographie Zur Stockeregg, Zürich

  • 1988: Peter Keetman. fotoform, Galerie Fotohof, Salzburg

  • 1989: Fotografien von Peter Keetman, Fotografie Forum Frankfurt (19.8.–24.9.1989)

  • 1989: form-verlust form-findung, PPS Galerie F.C. Gundlach (8.9.–14.10.1989)

  • 1989: Harry Callahan. Peter Keetman. Fotografien, Foto-Forum Böttcherstraße, Bremen (3.–29.11.1989)

  • 1990: Spectrum Photogalerie, Sprengel-Museum, Hannover

  • 1991: Peter Keetman. Fotografien 1937–1987, Fotomuseum im Stadtmuseum München

  • 1994: Peter Keetman. Fotografien, Kunst- und Museumsverein im Von der Heydt-Museum Wuppertal (28.8.–9.10.1994)

  • 1994: Peter Keetman, Westfalenbank, Bochum

  • 1994: Peter Keetman. fotoform, PPS. Galerie F.C. Gundlach, Hamburg

  • 1995: Peter Keetman and fotoform, Howard Greenberg Gallery, New York

  • 1996: Peter Keetman. Bilder aus dem 1995 erworbenen Archiv, Museum Folkwang, Essen

  • 1998: Structure and Motion, Conolly, London

  • 2003: Peter Keetman. Volkswagenwerk 1953, Kunstmuseum Wolfsburg

  • 2005: Peter Keetman. Volkswagenwerk 1953, Automobil Forum, Berlin

  • 2006: Peter Keetman, Kicken, Berlin

  • 2016: Peter Keetman. Gestaltete Welt, Museum Folkwang Essen

  • 2016: Peter Keetman. Gestaltete Welt, Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg (16.11.–12.02.2017)

  • 2017: Peter Keetman. Gestaltete Welt, Kunstfoyer München (31.05.–10.09.2017)

Frühe Ausstellungsbeteiligungen / Auswahl

  • 1948: Die Photographie 1948, Stuttgarter Photographische Gesellschaft, Landesgewerbemuseum Stuttgart

  • 1948: Photographic Art. Sixth International Exhibition at the Runcorn County Grammar School

  • 1949: II. Messe Ausstellung der Photo-Kino-Industrie, Bildzentrale Rheinland-Pfalz, Saalbau, Neustadt a.d. Haardt

  • 1949: Internationaal Fotosalon ingericht door de Mechelse Fotoring, Festzaal Novelty Bruul, Mechelen

  • 1949: Agrupación Fotográfica de Igualda, Premier Salón International de Arte Fotográfico, Igualda

  • 1949: 9e Internationale teentonstelling van fotokunst, Focus Salon, Amsterdam

  • 1949: The Bristol Salon of Photography, City Museum, Bristol

  • 1950: erste fotoform-Ausstellung, Circolo fotografico Milanese, Mailand

  • 1950: 10e Internationale tentonstelling van fotokunst, Focus Salon, Amsterdam

  • 1950: III. Internationale Kunstphoto Ausstellung, Österreichischer Lichtbildnerbund Innsbruck, Klagenfurt u. Salzburg

  • 1950: fotoform-Ausstellung im Rahmen des Kunstsommers Darmstadt im Amerikahaus

  • 1950: fotoform-Ausstellung im Rahmen der Photo-Kino Ausstellung, Köln

  • 1950: fotoform-Ausstellung in der Werkkunstschule Wuppertal

  • 1951: fotoform-Ausstellung auf der ersten Photokina, Köln

  • 1951: fotoform-Ausstellung im Rahmen der Ausstellung subjektive fotografie in Stuttgart

  • 1951: Segunda Exposicao mundial de arle fotografica, Rio de Janeiro, Brasilien

  • 1951: Unione Fotografico. Mostra della Fotografia Europea, palazzo di Brera, Mailand

  • 1951: subjektive fotografie. Ausstellung moderner Fotografie, Staatliche Schule für Kunst und Handwerk, Saarbrücken

  • 1952: Weltausstellung der Photographie, Luzern

  • 1953: subjektive fotografie 2, auf der Photokina, Köln

  • 1956: Photokina, Köln

  • 1956: The Metropolitan Museum of Modern Art, New York

  • 1956: Photography in the Fine Arts III Collection

  • 1958: subjektive fotografie 3, auf der Photokina, Köln